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Risiko- und Chancensituation

Im Folgenden werden die wesentlichen Ergänzungen und neuen Entwicklungen zu der im zusammengefassten Lagebericht im Geschäftsbericht 2020 dargestellten Risiko- und Chancensituation ausgeführt. Ferner wird auf den „HaftungsausschlussHaftungsausschluss“ am Ende dieses Berichts verwiesen.

Risiko- und Chancen-Management-System

Ab dem zweiten Quartal 2021 wurden Anpassungen im Risiko- und Chancen-Management-System aufgrund des neu gefassten Prüfungsstandards 340 des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) zur Prüfung des Risikofrüherkennungssystems vorgenommen. Im Wesentlichen geht es hierbei um die Implementierung eines Risikotragfähigkeitskonzepts, die Verbesserung der Risikoaggregation (z. B. verstärkte Quantifizierung von Risiken) sowie die Umbenennung und teilweise Neuzuordnung der Risiken und Chancen zu den Risiko- und Chancenkategorien. Zusätzlich wurden die Werte zur Einordnung des Risikoausmaßes angepasst, da durch organisches Unternehmenswachstum und den Zusammenschluss von T‑Mobile US und Sprint das EBITDA AL der Deutschen Telekom stark gewachsen ist. Diese Anpassungen haben Auswirkungen auf die Darstellung und Bewertung der Risiken und Chancen. Eine detaillierte Erläuterung der Änderungen werden wir im Geschäftsbericht 2021 geben. Im Konzern-Zwischenbericht zum 30. September 2021 werden ausschließlich die „inhaltlichen“ Änderungen der Risiko- und Chancenkategorien beschrieben und nicht die, deren Ursprung in der Anpassung der Methodik liegt.

Konjunkturelle Risiken Deutschland und Europa

Mit den Lockerungen der Corona-Beschränkungen zeichnet sich in Deutschland und Europa eine kräftige Wirtschaftserholung ab. Das Geschäfts- und Konsumklima hat sich in den letzten Monaten spürbar verbessert. Gleichzeitig trifft die ansteigende gesamtwirtschaftliche Nachfrage auf Angebotsbeschränkungen: Die Preise für Rohstoffe sind in die Höhe geschnellt und immer mehr Unternehmen fehlt es an Vorprodukten. Diese Lieferengpässe verstärken den Inflationsdruck weltweit. Die Wachstumsaussichten für Deutschland und Europa sind insgesamt jedoch positiv. Der Internationale Währungsfonds rechnet in seiner Prognose von Oktober 2021 mit einem Wachstum der Wirtschaft im Euroraum von 5,0 % für das laufende Jahr (Deutschland +3,1 %); ein Rückfall in eine Rezession gilt als unwahrscheinlich. Die Unwägbarkeiten bezüglich des weiteren Verlaufs der Coronavirus-Pandemie, u. a. die Bildung von Virusmutationen, lassen uns mögliche wirtschaftliche Folgen nicht ausschließen. Basierend auf den Erkenntnissen aus der Vergangenheit, sind durch die Coronavirus-Pandemie nur eingeschränkte Auswirkungen auf das Geschäft der Deutschen Telekom zu erwarten. Daher haben wir die Risikobedeutung der Risikokategorie „Konjunkturelle Risiken Deutschland“ und „Konjunkturelle Risiken Europa“ auf „gering“ abgesenkt.

Konjunkturelle Risiken USA

Führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognosen für die USA angehoben. Im März 2021 wurde ein 1.900 Mrd. US‑$ schweres Konjunkturpaket verabschiedet, das perspektivisch allerdings auch mit höheren US-Körperschaftsteuersätzen einhergehen könnte, die unter Umständen unsere Konzerngesellschaft T‑Mobile US in Zukunft stärker steuerlich belasten würden. Der Internationale Währungsfonds rechnet in seiner Prognose von Oktober 2021 mit einem Wachstum der US-Wirtschaft von 6,0 % für das laufende Jahr; ein Rückfall in eine Rezession gilt als unwahrscheinlich. Die Wirtschaftstätigkeit in den USA hat Mitte dieses Jahres ihr Vorkrisenniveau wieder erreicht. Aufgrund der Wachstumsaussichten haben wir die Risikobedeutung der Risikokategorie „Konjunkturelle Risiken USA“ auf „gering“ abgesenkt.

Risiken aus strategischer Transformation und Integration

Die Zusammenarbeit mit chinesischen Lieferanten wird durch den andauernden Handelskonflikt zwischen den USA und China erschwert. Seit 2020 sanktionieren die USA aufgrund von Sicherheitsbedenken die Nutzung von US-Technologie für und durch chinesische Lieferanten. Dabei wirken sie auch auf andere Länder ein, sich entsprechend zu verhalten. In Deutschland hat der Gesetzgeber durch das neue „Zweite Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme“ (IT-Sicherheitsgesetz 2.0) eine langjährige intensive Diskussion um die Sicherheit in kritischen Infrastrukturen beendet. Positiv ist, dass nun einige Anforderungen an kritische Infrastrukturen (KRITIS) geregelt werden, die lange Zeit strittig waren. Die Deutsche Telekom selbst prüft sicherheitskritische Komponenten seit langem vor dem Einbau und laufend im Betrieb. Wir gehen davon aus, dass auch die Prüfung durch die Behörden mit einem zügigen Netzausbau vereinbar ist und es nicht zu dauerhaften Verzögerungen kommt. Das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 beinhaltet kein Verbot von einzelnen Herstellern. Für die praktische Anwendung des IT-Sicherheitsgesetzes 2.0 erarbeitet das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gegenwärtig die notwendigen Regularien (u. a. zur Zertifizierung kritischer Komponenten und Garantieerklärung der Hersteller). Bezüglich der möglicherweise betroffenen kritischen Komponenten sind die Vorgaben des sog. „TKG-Sicherheitskatalogs“ relevant, der zwischen der BNetzA und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erarbeitet und Anfang August 2021 veröffentlicht wurde. Hinsichtlich einer Zertifizierungspflicht verbauter Komponenten sieht der Katalog eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2025 vor, so dass bis dahin weitestgehend von einem Bestandsschutz auszugehen ist. Das Risiko einer Rückbauanordnung bereits im Netz verbauter Komponenten ist anhand der Gesetzeslage als gering einzuschätzen. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2026 kann indes nicht ausgeschlossen werden, dass kritische Komponenten sämtlicher, der heute im Betrieb befindlichen Hersteller, nicht weiter genutzt werden dürfen. Zur Klärung unbestimmter Rechtsbegriffe und des Anwendungsumfangs des Sicherheitskatalogs wurde netzbetreiberübergreifend ein förmliches Widerspruchsverfahren angestrengt. Unabhängig davon wird eine Rückbauanordnung einmal genehmigter Komponenten nur nach hohen Hürden angeordnet werden können. In anderen Ländern wie Österreich und Polen besteht weiterhin die Möglichkeit, dass es zu einem angeordneten Austausch von Lieferanten in kritischer Infrastruktur innerhalb von vorgegebenen Fristen kommen kann. Insbesondere aufgrund des in Deutschland erlassenen IT-Sicherheitsgesetzes 2.0 reduziert sich das potenzielle Schadensausmaß und wir haben die Risikobedeutung der Risikokategorie „Risiken aus strategischer Transformation und Integration“ auf „mittel“ abgesenkt.

Regulierungsrisiken

Neue staatliche Interventionen im Kontext Netzsicherheit in Polen in Diskussion. In Polen hat die Regierung im Januar 2021 einen Entwurf für ein Cyber-Sicherheitsgesetz und neue Bestimmungen für eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes veröffentlicht. Demnach sollen neue Mobilfunknetz-Betreiber mit privilegiertem Zugang zu Ressourcen etabliert werden. Dies könnte zu Wettbewerbsverzerrungen führen und die Wettbewerbsposition unserer Mobilfunk-Tochter in Polen negativ beeinflussen.

Umsetzung des „Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation“ (EKEK) in nationales Recht. Die Umsetzung des EKEK in das jeweilige nationale Recht der Länder, in denen die Deutsche Telekom Beteiligungen hält, bietet Chancen, insbesondere für eine investitionsfreundlichere Regulierung, aber auch Risiken, v. a. für erhöhte Aufwendungen zur Umsetzung der erweiterten verbraucherschutzrechtlichen Vorgaben. Die Regelungen sind in Deutschland bereits durch das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz, das zum 1. Dezember 2021 in Kraft tritt, umgesetzt.

Weitere Informationen zur Umsetzung des EKEK finden Sie im Kapitel „Wirtschaftliches Umfeld – Regulierung“.

Rechtsverfahren

Klagen wegen Entgelten für die Mitbenutzung von Kabelkanalanlagen. In den von der Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH (heute Vodafone Kabel Deutschland GmbH) einerseits und von der Unitymedia Hessen GmbH & Co. KG (heute Vodafone Hessen GmbH), der Unitymedia NRW GmbH (heute Vodafone NRW GmbH) und der Kabel BW GmbH (heute Vodafone BW GmbH) andererseits geführten Klageverfahren gegen die Telekom Deutschland GmbH hat der Bundesgerichtshof die Revisionen der Kläger mit Beschlüssen vom 18. Mai 2021 insoweit zugelassen, als die Klagen Ansprüche für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2012 (Vodafone Kabel Deutschland GmbH) bzw. für die übrigen Kläger ab dem 1. Januar 2016 betreffen. Die finanziellen Auswirkungen beider Verfahren können derzeit nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.

Prospekthaftungsverfahren (dritter Börsengang – DT3). Hierbei handelt es sich um ursprünglich ca. 2.600 laufende Klagen von ca. 16.000 angeblichen Käufern von T-Aktien, die auf der Grundlage des Prospekts vom 26. Mai 2000 verkauft wurden. Die Kläger behaupten, dass einzelne Angaben in diesem Prospekt unrichtig oder unvollständig seien. Der Streitwert beläuft sich aktuell auf insgesamt noch ca. 78 Mio. € zuzüglich Zinsen. Die Klagen richten sich zum Teil auch gegen die KfW und/oder die Bundesrepublik Deutschland sowie teilweise auch gegen emissionsbegleitende Banken. Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hatte Vorlagebeschlüsse nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) zum Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main erlassen und die Ausgangsverfahren ausgesetzt. Am 16. Mai 2012 hatte das OLG Frankfurt am Main festgestellt, dass der Börsenprospekt der Deutschen Telekom AG keinen wesentlichen Fehler enthält. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2014 diese Entscheidung teilweise aufgehoben, einen Fehler im Börsenprospekt festgestellt und das Verfahren an das OLG Frankfurt am Main zurückverwiesen. Am 30. November 2016 stellte das OLG Frankfurt am Main in einem Musterentscheid fest, dass aus dem vom BGH festgestellten Fehler eine grundsätzliche Haftung der Deutschen Telekom AG resultieren könne; Einzelheiten seien aber in den Ausgangsverfahren zu klären. Auf Beschwerde beider Parteien hat der BGH das Verfahren im Februar 2021 erneut an das OLG Frankfurt am Main zurückverwiesen. Die Deutsche Telekom hat bilanzielle Risikovorsorge in angemessener Höhe gebildet.

Sammelklage im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss mit Sprint. Am 4. Juni 2021 wurden vor dem Delaware Court of Chancery eine Aktionärssammelklage (Shareholder Class Action) und eine abgeleitete Aktionärsklage (Derivative Action) gegen die Deutsche Telekom, SoftBank, T‑Mobile US und alle unserer damaligen Mitglieder des Verwaltungsrats (Board of Directors) der T‑Mobile US eingereicht. Darin wird geltend gemacht, dass diese mit der ergänzenden Vereinbarung über die Kaufpreisanpassung zur Fusionsvereinbarung und SoftBanks nachfolgender Monetarisierung der T‑Mobile US-Aktien ihre Treuepflichten verletzt hätten. Die sich aus diesem Verfahren ergebende Klageforderung und das finanzielle Risiko für die Deutsche Telekom können derzeit nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.

Verfahren gegen T-Mobile US wegen Cyberangriff auf T-Mobile US. Im August 2021 bestätigte T-Mobile US, Opfer eines kriminellen Cyberangriffs geworden zu sein, von dem Daten von Millionen bestehender, ehemaliger und potenzieller Kunden aus ihren Systemen betroffen waren. Mit Unterstützung externer Fachleute für Cybersicherheit hat T-Mobile US die Sicherheitslücke für einen unbefugten Zugang zu ihren Systemen lokalisiert und geschlossen. Es wurden die Kunden ermittelt, deren Daten betroffen waren, und entsprechend der bestehenden bundesstaatlichen und nationalen Vorgaben über den Vorfall informiert. Aufgrund des Cyberangriffs sind zahlreiche Klagen gegen T-Mobile US eingereicht worden, einschließlich mehrerer Sammelklagen, in denen nicht spezifizierte monetäre Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden. Zudem sind Anfragen von verschiedenen staatlichen Behörden, Strafverfolgungsbehörden und anderen Stellen eingegangen. T-Mobile US kann aus diesem Grund auch Gegenstand weiterer Ermittlungen der Aufsichtsbehörden und zivilrechtlicher Klagen sein. Derzeit kann das sich aus diesen Verfahren ergebende finanzielle Risiko nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.

Kartellverfahren

Schadensersatzklagen gegen Slovak Telekom infolge einer Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission. Die Europäische Kommission hat am 15. Oktober 2014 entschieden, dass Slovak Telekom ihre Marktmacht auf dem slowakischen Breitband-Markt missbraucht habe, und im Zuge dessen Bußgelder gegen Slovak Telekom und Deutsche Telekom verhängt, die im Januar 2015 vollständig bezahlt wurden. Im Jahr 2018 hat das Gericht der Europäischen Union die Entscheidung der Europäischen Kommission nach einer von Slovak Telekom und Deutsche Telekom eingelegten Berufung teilweise für nichtig erklärt und die verhängten Bußgelder um insgesamt 13 Mio. € reduziert. Mit Urteil vom 25. März 2021 wurde eine weitere Berufung zum Europäischen Gerichtshof vollumfänglich abgewiesen. Im Anschluss an die Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission hatten Wettbewerber Klage vor dem Zivilgericht in Bratislava gegen Slovak Telekom erhoben. Mit diesen Klagen begehren sie die Erstattung eines angeblichen Schadens, der sich aus dem von der Europäischen Kommission festgestellten Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch die Slovak Telekom ergeben haben soll. Derzeit sind noch zwei Klagen in Höhe von insgesamt 112 Mio. € zuzüglich Zinsen anhängig. Die finanziellen Auswirkungen können derzeit nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden.

Einschätzung zur Gesamtrisikosituation

Die Gesamtrisikosituation hat sich im Vergleich zu der im zusammengefassten Lagebericht im Geschäftsbericht 2020 dargestellten Risiko- und Chancensituation aufgrund von verbesserten Konjunkturprognosen in Deutschland, Europa und in den USA sowie des neuen IT-Sicherheitsgesetzes 2.0, was Klarheit hinsichtlich Beschränkungen mit chinesischen Lieferanten geschaffen hat, verbessert. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts sind in unserem Risiko-Management-System, wie auch nach Einschätzung unseres Managements, keine wesentlichen Risiken absehbar, die den Bestand der Deutschen Telekom AG oder eines wesentlichen Konzernunternehmens gefährden könnten.