37 Eventual­verbindlichkeiten und -forderungen

Die Deutsche Telekom ist im Rahmen ihrer allgemeinen Geschäftstätigkeit an verschiedenen gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren mit Behörden, Wettbewerbern sowie anderen Beteiligten, deren Ergebnisse oft nicht mit Sicherheit vorausgesehen werden können, beteiligt. Zum Abschluss-Stichtag bestehen im Konzern Eventualverbindlichkeiten in Höhe von 0,6 Mrd. € (31. Dezember 2018: 0,5 Mrd. €) und Eventualforderungen in Höhe von 0,0 Mrd. € (31. Dezember 2018: 0,0 Mrd. €), die auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse und Einschätzungen die Voraussetzungen zum Ansatz in der Bilanz nicht erfüllen. Die Rechtsberatungskosten und die voraussichtlichen Kosten aufgrund negativer Verfahrensergebnisse wurden als Rückstellungen für Prozessrisiken berücksichtigt. Die Deutsche Telekom geht nicht davon aus, dass weitere potenzielle Kosten aus Rechtsberatung und aufgrund von Verfahrensergebnissen wesentliche negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns haben werden. In der oben aufgeführten Summe der Eventualverbindlichkeiten sind neben Einzelfällen, die allein betrachtet keine wesentlichen Auswirkungen haben, folgende Sachverhalte enthalten, wobei deren Reihenfolge keine Wertigkeit der Eintrittswahrscheinlichkeit oder des potenziellen Schadensausmaßes impliziert. Für den Fall, dass in äußerst seltenen Fällen gemäß IAS 37 geforderte Angaben nicht gemacht werden, kommt die Deutsche Telekom zu dem Schluss, dass diese Angaben das Ergebnis des jeweiligen Verfahrens ernsthaft beeinträchtigen können.

Eventualverbindlichkeiten

Prospekthaftungsverfahren (dritter Börsengang – DT3). Hierbei handelt es sich um ursprünglich ca. 2.600 laufende Klagen von ca. 16.000 angeblichen Käufern von T-Aktien, die auf der Grundlage des Prospektes vom 26. Mai 2000 verkauft wurden. Die Kläger behaupten, dass einzelne Angaben in diesem Prospekt unrichtig oder unvollständig seien. Der Streitwert beläuft sich aktuell auf insgesamt noch ca. 78 Mio. € zuzüglich Zinsen. Die Klagen richten sich zum Teil auch gegen die KfW und/oder die Bundesrepublik Deutschland sowie teilweise auch gegen emissionsbegleitende Banken. Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hatte Vorlagebeschlüsse nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) zum Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main erlassen und die Ausgangsverfahren ausgesetzt. Am 16. Mai 2012 hatte das OLG Frankfurt am Main festgestellt, dass der Börsenprospekt der Deutschen Telekom AG keinen wesentlichen Fehler enthält. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2014 diese Entscheidung teilweise aufgehoben, einen Fehler im Börsenprospekt festgestellt und das Verfahren an das OLG Frankfurt am Main zurückverwiesen. Am 30. November 2016 stellte das OLG Frankfurt am Main in einem Musterentscheid fest, dass aus dem vom BGH festgestellten Fehler eine grundsätzliche Haftung der Deutschen Telekom AG resultieren könne; Einzelheiten seien aber in den Ausgangsverfahren zu klären. Sowohl die Deutsche Telekom AG als auch einzelne Musterkläger haben gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt. Wir sind weiterhin der Auffassung, dass überwiegende Gründe gegen eine Schadensersatzpflicht der Deutschen Telekom AG sprechen.

Schiedsverfahren Toll Collect. Im Schiedsverfahrenskomplex Toll Collect haben die Daimler Mobility AG (vormals Daimler Financial Services AG), die Deutsche Telekom und die Bundesrepublik Deutschland am 16. Mai 2018 eine Einigung zur Beendigung der Mautschiedsverfahren erzielt. Von der Daimler Mobility AG und der Deutschen Telekom sind abschließende Zahlungen in Höhe von jeweils 550 Mio. € zu leisten, für die beide gesamtschuldnerisch haften. Diese Zahlungen werden bis 2020 in drei Tranchen beglichen, wovon die ersten zwei Tranchen bereits gezahlt wurden. Eine Inanspruchnahme aus der gesamtschuldnerischen Haftung über den auf die Deutsche Telekom entfallenden Anteil hinaus erachtet die Deutsche Telekom als unwahrscheinlich.

Die folgenden Sachverhalte erfüllen ebenfalls auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse und Einschätzungen nicht die Voraussetzungen zum Ansatz in der Bilanz. Da aufgrund der bestehenden und im Folgenden beschriebenen Unsicherheiten die Höhe der jeweiligen Eventualverbindlichkeiten bzw. die Gruppe von Eventualverbindlichkeiten nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden können, sind diese in der zuvor genannten Summe der Eventualverbindlichkeiten nicht enthalten.

Klagen wegen Entgelten für die Mitbenutzung von Kabelkanalanlagen. Im Jahr 2012 verklagte die Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH (heute Vodafone Kabel Deutschland GmbH (VKDG)) die Telekom Deutschland GmbH und forderte eine Reduzierung des jährlichen Entgelts für die Nutzungsrechte an Kabelkanalkapazitäten für die Zukunft sowie die teilweise Rückzahlung von in diesem Zusammenhang seit 2004 geleisteten Zahlungen. Die VKDG bezifferte ihre Ansprüche zuletzt mit ca. 624 Mio. € nebst ca. 9 Mio. € für vermeintlich erlangten Zinsnutzen, jeweils zuzüglich Zinsen. Ansprüche vor 2009 werden von der VKDG mittlerweile nicht mehr geltend gemacht. Nachdem bereits das LG Frankfurt am Main der Klage im Jahr 2013 nicht stattgegeben hatte, wies auch das OLG Frankfurt am Main die Berufung im Dezember 2014 ab. Mit Urteil vom 24. Januar 2017 hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies das Verfahren zur weiteren Verhandlung an das OLG Frankfurt am Main zurück. Mit Urteil vom 20. Dezember 2018 wies das OLG Frankfurt am Main daraufhin die Berufung erneut zurück und lies die Revision nicht zu. In einem ähnlich gelagerten Verfahren erhoben die Unitymedia Hessen GmbH & Co. KG, die Unitymedia NRW GmbH und die Kabel BW GmbH im Januar 2013 Klage gegen die Telekom Deutschland GmbH und fordern Unterlassung, mehr als ein jeweils genau beziffertes Entgelt für die Mitbenutzung von Kabelkanalanlagen von den Klägern zu verlangen. Die Kläger fordern zudem Rückzahlung in Höhe von derzeit ca. 570 Mio. € zuzüglich Zinsen. Die Klage wurde am 11. Oktober 2016 vom LG Köln erstinstanzlich abgewiesen. Die Berufung gegen diese Entscheidung wurde mit Urteil vom 14. März 2018 durch das OLG Düsseldorf zurückgewiesen. In beiden Verfahren haben die Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt.

Kostenerstattung für Sprint. Im Zusammenhang mit dem vereinbarten Zusammenschluss von T‑Mobile US und Sprint ist T‑Mobile US unter Umständen verpflichtet, 67 % der von Sprint im Vorfeld an Kreditgeber entrichteten Ausgleichszahlungen (sog. „Consent Fee“) und weitere Bankgebühren in Höhe von insgesamt 161 Mio. US‑$ zu erstatten, falls der Zusammenschluss nicht zustande kommt.

Schiedsverfahren gegen T‑Mobile Polska S.A. Im August 2019 hat der polnische Telekommunikationsanbieter P4 Sp. z o.o. ein Schiedsverfahren gegen T‑Mobile Polska S.A. eingeleitet. Die Schiedsklägerin fordert eine Zahlung in Höhe von ca. 400 Mio. PLN (ca. 93 Mio. €) nebst Zinsen für ihr vermeintlich rückwirkend zustehende Terminierungsentgelte im Mobilfunk-Bereich.

Patente und Lizenzen. Wie viele andere große Telekommunikations- und Internet-Anbieter sieht sich die Deutsche Telekom einer wachsenden Zahl von Streitfällen „zum Recht am geistigen Eigentum“ ausgesetzt. Für die Deutsche Telekom besteht das Risiko der Zahlung von Lizenzgebühren und/oder Schadensersatz; zudem ist die Deutsche Telekom dem Risiko einer Verurteilung zur Unterlassung ausgesetzt, z. B. für den Vertrieb eines Produkts oder für die Nutzung einer Technik.

Kartell- und Verbraucherschutzverfahren. Die Deutsche Telekom bzw. ihre Beteiligungsgesellschaften sieht sich in den einzelnen Ländern wettbewerbsrechtlichen Verfahren oder sich daraus ergebenden zivilrechtlichen Folgeklagen ausgesetzt. Diese haben für sich alleine betrachtet keine wesentlichen Auswirkungen. Die Deutsche Telekom hält die Vorwürfe bzw. Schadensersatzforderungen jeweils für unbegründet. Die Verfahrensausgänge sind zurzeit nicht bestimmbar.

Schadensersatzklagen gegen Slovak Telekom infolge einer Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission. Die Europäische Kommission hat am 15. Oktober 2014 entschieden, dass Slovak Telekom ihre Marktmacht auf dem slowakischen Breitband-Markt missbraucht habe, und im Zuge dessen Bußgelder gegen Slovak Telekom und Deutsche Telekom verhängt, die im Januar 2015 vollständig bezahlt wurden. Slovak Telekom und Deutsche Telekom haben die Entscheidung der Europäischen Kommission am 29. Dezember 2014 vor dem Gericht der Europäischen Union angefochten. Am 13. Dezember 2018 hat das Gericht die Entscheidung der Europäischen Kommission teilweise für nichtig erklärt und die verhängten Bußgelder um insgesamt 13 Mio. € reduziert. Trotz des positiven Urteils haben Slovak Telekom und Deutsche Telekom am 21. Februar 2019 Berufung bei dem Europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung des Gerichts eingelegt. Slovak Telekom und Deutsche Telekom verfolgen hiermit u. a. eine Aufhebung der Feststellung eines missbräuchlichen Verhaltens durch Slovak Telekom. Im Anschluss an die Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission haben Wettbewerber Klage vor dem Zivilgericht in Bratislava gegen Slovak Telekom erhoben. Mit diesen Klagen begehren sie die Erstattung eines angeblichen Schadens, der sich aus dem von der Europäischen Kommission festgestellten Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch die Slovak Telekom ergeben haben soll. Derzeit sind drei Klagen in Höhe von insgesamt 215 Mio. € zuzüglich Zinsen anhängig.

Steuerrisiken. Die Deutsche Telekom unterliegt in zahlreichen Ländern den jeweils geltenden steuerlichen Rechtsvorschriften. Risiken können sich ergeben aus Änderungen der lokalen Steuergesetze bzw. der Rechtsprechung und unterschiedlicher Auslegung von existierenden Vorschriften. Sie können sich in der Folge sowohl auf die Steueraufwendungen und -erträge als auch auf die Steuerforderungen und -verbindlichkeiten der Deutschen Telekom auswirken.